Reinhold Würth – Familienunternehmer des Jahres 2015

Dezember 23, 20156 Minutes

Premium Schraubenkönig? Natürlich. Aber der Unternehmer ist weit mehr als nur eine Gründerpersönlichkeit. Reinhold Würth weiß, dass Kultur und Bildung Bollwerke unserer Zivilisation sind.

Er hält die Welt zusammen – eine Würdigung von Uli Mayer-Johanssen, erschienen in dem Handelsblattdossier: Menschen des Jahres 2015.

Wie weit Visionen die Menschen begeistern tragen, welche faszinierenden Erfolgsgeschichten sie hervorbringen, das haben in den letzten Jahrzehnten viele deutsche Unternehmerpersönlichkeiten immer wieder unter Beweis gestellt. Visionäre sind unruhige Geister, die sich Problemen stellen, um Lösungen zu entwickeln, die neue Wege gehen, um sich veränderten Rahmenbedingungen zu stellen. Menschen, die sich große Ziele setzen, weil sie von einer Welt träumen, in der sie Nutzen und Sinn stiften können und in der sie für die Gesellschaft einen relevanten Beitrag leisten.

Reinhold Würth ist dies in seinem langen unternehmerischen Leben in ganz besonderem Maße geglückt. Seine Neugierde hat ihn immer wieder dazu veranlasst, Dinge zu hinterfragen und in Frage zu stellen, auch wenn eigentlich alles gut war, wie es war. Seine Neugierde war es wohl auch, die ihn immer wieder in völlig neue Welten aufbrechen ließ. Bei einer Entdeckungsreise durch Palermos Kunst- und Kulturschätze stießen mein Mann und ich vor vielen Jahren ganz überraschend auf den Namen Würth. Staunend standen wir inmitten dieses überwältigenden Kunstwerkes. Dank des großzügigen Engagements Reinhold Würths und seiner Frau Carmen konnten die umfangreichen Restaurierungsarbeiten dieses faszinierenden Zeugnisses byzantinischer Mosaikkunst in der Cappella Palatina finanziert und somit erhalten und bewahrt werden. Diese beglückende Würth-Begegnung ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Was für eine großartige Geste, was für ein beeindruckendes Geschenk.

Reinhold Würth kennt keine Grenzen. Weder das Unternehmen, das mittlerweile in über 80 Ländern vertreten ist, noch das Engagement für Kunst, Kultur, Forschung und Wissenschaft oder für Projekte, die sich um Bildung und Erziehungsfragen drehen.

Meine ersten Erinnerungen an Würth knüpfen sich, zugegebener Maßen, nicht an die mittlerweile omnipräsenten Produkte oder gar Dienstleistungen. Würth trat – sozusagen – erst 1991 mit der Integration seines Museums in das Verwaltungsgebäude im württemberg-fränkischen Künzelsau in mein Leben. Es mag an mir liegen, dass meine Beziehung zu Schrauben, Dübeln und sonstiger handwerklicher Grundausstattung nicht sehr ausgeprägt ist, aber auch in meinem Leben hat die Marke Würth einen festen Platz eingenommen.

Ich kenne kein Unternehmen, welches nicht im Brustton der Überzeugung dieses Mantra – ob Mitarbeiter oder Kunden – wie eine Monstranz vor sich herträgt. Aber Hand aufs Herz, wann trifft dies wirklich zu? Wie oft werden, in Anbetracht zunehmender Globalisierung, Effizienzbestrebungen und sich verschärfender Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen diese wesentlichen Grundpfeiler des Erfolges gerade in schwierigen Zeiten zu Worthülsen. Den Menschen und seine Bedürfnisse ins Zentrum zu stellen, erfordert Haltung und Werteorientierung, braucht Rückgrat. Wie heißt es so schön: Wo das Herz nicht hinreicht, können die Hände nichts ausrichten. Bei allem Pragmatismus und hohenlohescher Sparsamkeit, sind dies Werte, die Reinhold Würth mit seinen unternehmerischen Interessen in beeindruckender Weise zu verbinden wusste, weil es ganz offensichtlich seinen Wertevorstellungen entsprach.

Ob Frankreich, Italien, Norwegen, Spanien, Berlin oder Schwäbisch Hall, der Name Würth repräsentiert wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlichem, kulturellem Engagement in besonderer Weise. Gerade in Zeiten, in denen die Wiege der Menschheit unter Trümmern begraben wird, zeigt sich, dass kulturelle Werte kein Epiphänomen gutbürgerlicher Kreise sind, sondern Kultur und Bildung unabdingbare Voraussetzung dafür, dass junge Menschen den Lockrufen islamistischer Verblendung nicht zum Opfer fallen. Ein Kampf, der weder durch Bomben, noch durch Drohgebärden zu gewinnen ist, ein Kampf, der in Europa nur mittels Bildung und Integration gewonnen werden kann.

In der Berliner Repräsentanz, die unter der umsichtigen wie hohenlohisch unprätentiösen Leitung von Manfred Kurz Politik, Soziales, Wirtschaft, Literatur und Musik zu verbinden weiß, wird seit Jahren unter Beweis gestellt, dass man es Ernst mit dem Einbringen in aktuelle Debatten und Diskurse meint. Auch an diesem Ort wird sichtbar und fühlbar, dass es neben dem Anspruch an die eigene Leistungsfähigkeit und dem hohen Anspruch an die Innovationskraft des Unternehmens auch um kulturelle Werte, um ein sowohl als auch und nicht um ein entweder oder gehen kann und geht. Konstanz, Kontinuität und Qualität sprechen für sich und für Reinhold Würth im Besonderen. „Hinter den Berg und ums Eck zu schauen“, dieses Motto verführte ihn gleichwohl nie dazu, seine Wurzeln zu kappen und so führt die Tochter Bettina Würth bereits heute als Vorsitzende des Beirats der Würth-Gruppe die unternehmerische Tradition fort.

Nicht nur Holbeins Madonna, sondern auch bspw. die Kunstkammer Würth sowie der Jahreszeitenzyklus des Briten David Hockney zeigen im Gropiusbau die beeindruckende Fülle großartiger Kunstschätze, die Dank einer Liebe zur Kunst in Berlin zu bestaunen sind.

Lieber Herr Würth: möge Ihre Schaffenskraft und Ihre Neugierde noch lange anhalten. In diesem Sinne: ad multos annos!