Symposium anlässlich des 80. Geburtstags von Ernst Ulrich von Weizsäcker
„Wir sind dran!“ – Unter diesem Motto hielt Ernst Ulrich von Weizsäcker auf dem VDW-Symposium „eine Art Berliner Rede“.
Am Tag seines Geburtstags veranstaltet die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und der Deutschen Gesellschaft Club of Rome ein interdisziplinäres Symposium in Berlin. Auf diesem werden Politiker, Wissenschaftler und Teilnehmende aus allen Generationen an den genannten Themen arbeiten und Lösungsstrategien entwickeln. Neben Bundesumweltministerin Svenja Schulze, dem früheren Bundespräsidenten Horst Köhler und dem Fernsehjournalisten und Mediziner Eckart von Hirschhausen wird auch Ernst Ulrich von Weizsäcker selbst sprechen. So auch Uli Mayer-Johanssen in einem Impuls-Workshop zusammen mit Dr. Christian Berg und Prof. Martin Stuchtey mit dem Titel: Globalisierung neu Denken – Balance im Zentrum neuer globaler Spielregeln.
Begleitend dazu ein Text von Uli Mayer-Johanssen:
Zeit des Wandels „Aufstand des Gewissens“
Das Narrativ vom grenzenlosen Wachstum auf einem begrenzten Planeten hat uns taub und blind gemacht für die Gefahren, die dieser Glaube mit sich bringt. Er verhindert, dass wir unsere Kompetenzen und Fähigkeiten nutzen, um die Probleme, vor denen wir stehen, gemeinsam zu lösen. Etablierte Sichtweisen und Glaubensgrundsätze wiegen uns in trügerischer Sicherheit. Odysseus konnte sich vor den betörenden Sirenengesängen die ihn mit süßen Klängen verführen wollten um ihn am Ende in den Abgrund zu reißen, nur schützen, indem er sich an den Mast des Schiffes fesseln ließ.
Wie stark Narrative, Mythen und irritierende wie beschwichtigende Botschaften unsere Vorstellung und unsere Wahrnehmung von der Welt prägen, wird erst dann deutlich, wenn wir es wagen, sie zu hinterfragen. Wagen wir es nicht, uns unseres „eigenen Verstandes zu bedienen“ und die Augen zu öffnen um zu begreifen, was die Konsequenzen unseres Handelns sind, werden wir weder die Probleme erkennen, noch Lösungen entwickeln. Widersprüchliche Aussagen sowie eine schier überbordende Komplexität haben einen undurchdringlichen Wust an Argumenten und Positionen ergeben, der einem gordischen Knoten gleicht. Eine erdrückende Ausweglosigkeit suggeriert den Menschen Handlungsunfähigkeit und damit Schicksalsergebenheit in das was ist.
Aber es gibt Auswege. Sie werden nur allzu oft interessengebunden hintertrieben. Denn wir haben es in der Hand! Wir entscheiden jeden Tag wie wir leben wollen. Wir sind nicht Opfer einer fremden Macht. Wir entscheiden mit unserem Denken über unsere Zukunft wie sie werden soll. Fridays for Future, Scientists for Future, Together for Future, … die Anschlussfähigkeit in Gesellschaft und Unternehmen, sich mit den drängenden Themen ernsthaft zu befassen, steigt.
Wir sind dran
Aber was bedeutet das? Was können wir tun, um das Kippen der ökologischen Systeme, die uns irreversibel mit grundlegenden Veränderung unserer Lebensgrundlagen konfrontieren werden zu verhindern?
Vom Wissen zum Handeln
Wir brauchen eine attraktive, positive Vorstellung die uns in die Zukunft trägt. Erst wenn ein inneres Vorstellungsbild von dem was sein soll existiert, können wir es auch gestalten, kann es entstehen. Es geht um Ideen, die mehr sind als bloße Reaktionen auf betriebswirtschaftliche Dynamiken. Immer wieder haben Visions- und Transformationsprozesse gezeigt, dass die Begrenzungen da enden, wo ein gemeinsames Wollen entsteht. Was wir ganz offensichtlich überwinden müssen, ist die Vorstellung davon, dass wir den Problemen alleine mit Wissen und Ratio begegnen können. Wir selbst sind dabei Begrenzung und Lösung zugleich.
Was uns hindert
Interessengebundenes Lobbying, Macht, Gier, Egoismus und fehlende Sozialkompetenz sind nicht erst seit gestern bekannte Blockaden in Entwicklungs- und Veränderungsprozessen. Leugner des Klimawandels wie Trump bilden eine unheilvolle Allianz mit den Profiteuren bestehender Systeme. Die Politik konzentriert sich auf das Lösen von Problemen die kurzfristig und nachvollziehbar auf ihr Erfolgskonto einzahlen. Das Lösen systemischer Probleme bleibt anderen überlassen. Fehlende Kommunikationskompetenz und das Festhalten an alten Überzeugung nehmen uns darüber hinaus die emotionale Kraft, ohne die alles Wissen und alle Genialität wirkungslos bleibt und an der Realität wie Gischt am Felsen zerschellt.
Was es braucht
Je komplexer die Themen und Probleme vor denen wir stehen sind, desto mehr braucht es die Fähigkeit Synergien herzustellen, den Anderen in seiner Andersartigkeit und seinem Kompetenzfeld akzeptieren und all dem fremden, ungewohnten Raum geben. Unsere Diskussionen gleichen einem Kampf im Zerschlagen des Arguments des Anderen. All das wissen wir, all das haben Wissenschaftler vieler Disziplinen erforscht, belegt, publiziert und gelehrt und dennoch haben uns 50 Jahre Warnen und viele Erkenntnisse mehr nicht davor bewahrt, all die Fehler zu begehen, die uns heute Schlaf und Hoffnung rauben. Die Abenteuer des Geistes haben sich – allen Anschein nach – allein einer technologischen Fortschrittsagenda „Digitalisierung“ verschrieben und den Menschen und seine Bedürfnisse zu Mittel und Ware reduziert. Die Welt wurde zu einem Markt, geopfert wurden Kulturen und Lebenswelten, die einer anderen Gesetzmäßigkeit folgten.
Wie all das Wissen zum Wirken kommt, einige Ansatzpunkte:
- Synergetische Kooperationen zum Lösen der Probleme nutzen und Kompetenz- und Silogrenzen überwinden.
- Kommunikative Dimension von Beginn an mitdenken und an Relevanz, Nutzen und Glaubwürdigkeit ausrichten.
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Themen und Lösungen vom Ende her denken.
Konsequenzen und Potenziale herausarbeiten und sichtbar machen. - Die Ganzheit der einzelnen Wirkungszusammenhänge im Blick behalten und zu Innovationsmöglichkeiten nutzen.
- Change- und Transformationsprozesse für Institutionen, Organisationen und Unternehmen in Entwicklungs- und Veränderungsprozesse als feste Größe etablieren.
- Vision an Selbstverständnis, Werten und Fähigkeiten ausrichten und damit das Sinnliche, emotionale Potenzial zum Wirken bringen.
- Polarität für Entwicklungs- und Innovationspotenzial nutzen.
- Kulturräume nicht zu Märkten degradieren und Marketing als Ersatz für Neuentwicklungen einsetzen.
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Bewusstseinsprozesse bilden die Voraussetzung für die Bereitschaft zum Wandel
Werteorientierte Führungskultur etablieren. - Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft im Hinblick auf Mensch, Natur und Umwelt.
- Verständnis- und Sprachlosigkeit der einzelnen Disziplinen überwinden.
- Wohlstand zum Umsteuern nutzen.
- Investitionen in eine „lebensdienliche“ Ökonomie, die Finanz- und Kapitalflüsse danach ausrichtet.
- Sinn- und Sinnhaftigkeit, Begeisterung und Attraktivität als Grundlage begreifen, um Fähigkeiten und Potenziale neu zu erschließen. Denn…
Wo das Herz nicht hinreicht, können die Hände nichts ausrichten.
Hans-Peter Dürr hat die „Göttinger Erklärung“ die 1957 von 18 international renommierten führenden Atomphysikern unterschrieben wurde als „Aufstand des Gewissens“ bezeichnet. Ein mutiger Schritt, den es heute mehr denn je braucht. Wir alle müssen es wagen neue, ungewohnte Wege einzuschlagen und nicht zu verzagen in einer verzagten Zeit. Temperaturrekorde in Pakistan, Auftauen der Permafrostböden, Schmelzen der Gletscher und des Arktiseises – alles „Fake News“. „Den Teufel spürt das Völkchen nie, Und wenn er sie beim Kragen hätte!“ Goethe