Wenn über Marken gelacht wird
Opels Werbeinitiative „Umparken im Kopf" und Edekas „Supergeil"-Video sind Werbekampagnen, über die alle Welt spricht. Doch der Rummel muss nicht zwangsläufig gut sein für die Marke.
An den knallgelben Plakaten mit Sprüchen wie „68 Prozent aller Männer halten rothaarige Frauen für feuriger. 90 Prozent davon haben noch nie eine kennengelernt." kommt man kaum vorbei. Später enthüllte Autohersteller Opel, dass er hinter der zunächst anonym geschalteten Aktion steckt. Die Rüsselsheimer wollten gängige Vorurteile insbesondere gegenüber ihrer Marke abbauen. Sie schafften damit den Sprung in die breiten Medien und in viele Foren.
Kurz zuvor konnte der Lebensmittelhändler Edeka einen ähnlichen Erfolg verbuchen. Über sieben Millionen Klicks verzeichnet der Internetspot mit dem Künstler Friedrich Liechtenstein damals. Das Video zeigt, wie er durch einen Supermarkt hüpft oder Milch aus Edeka-Tüten in sein Badewasser schüttet.
Dass über Werbung auch außerhalb der Branche wieder gesprochen wird, ist erst einmal positiv. Lässt es doch darauf schließen, dass sich Menschen mit den Marken auseinandersetzen. Allerdings ist das nicht immer gleichzusetzen mit einem Erfolg, der positiv auf die Marke einzahlt.
Während die Marke Opel nichts mehr zu verlieren hatte, weil das Image ohnehin im Keller ist, überrascht die Aktion eher positiv. Beim Edeka-Spot könnte sich das allerdings ins Gegenteil verkehren. Vor einigen Jahren erst hatte sich die Supermarktkette klug über "Wir lieben Lebensmittel" neu positioniert. Mit dem „Supergeil"-Spot jedoch torpediert man die eigenen Markenwerte.
Zwar hat die verantwortliche Agentur Jung von Matt eilfertig erklärt, dass der „Supergeil"-Spot nur eine Facette der Marke transportiere. An dem Irritationsmoment ändert das allerdings nichts. Die vielen Likes könnten durchaus primär Liechtensteins Selbstvermarktungsfreude geschuldet sein. Das Internet ist keine geschlossene Zone, die nur von jungen Leuten genutzt wird. Spätestens die Berichterstattung brachte den Spot zum Massenpublikum.
Glaubwürdigkeit und Seriosität leichtfertig aufs Spiel zu setzen, könnte schnell zum Supergau für die Marke werden. Über die lustigen Zeichentrick-Kamele der Zigarettenmarke Camel wurde damals viel gelacht und die Agentur erhielt zahlreiche Preise. Der Marke hat es geschadet. Die Menschen wollten keine Zigarettenmarke rauchen, über die man lacht.
Verschenktes Vertrauen
Daten sind die wichtigsten Güter der Verbraucher geworden – und ein Milliardengeschäft. Firmen profitieren davon, dass Menschen ihnen fast jede Information geben. Tun sie genug, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen?
Eine nützliche Software aus dem Internet herunterladen oder sich schnell mal bei einem Onlineservice anmelden. Adressdaten, Kontoverbindungen, Vorlieben, die ermüdend langen AGBs maximal querlesen und das Einverständnis per Klick bestätigen. Erledigt. So oder ähnlich agieren Millionen Deutsche täglich mit einem ihrer inzwischen wertvollsten Güter, nämlich ihren Daten.
Doch die Sensibilität, dass persönliche Daten ungefiltert und ungewollt in falsche Hände geraten, wächst. Erst vor kurzem warnte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dass deutschlandweit 16 Millionen E-Mail-Konten geknackt wurden. Einige Tage später musste das Telekommunikationsunternehmen AVM eingestehen, dass die von ihnen entwickelte Fritzbox, eine höchst kritische Sicherheitslücke aufweist.
Selbst Branchenriesen sind nicht mehr ausgenommen und so musste auch Apple eine äußerst kritische Sicherheitslücke in fast allen Betriebssystemen feststellen. Die Liste der Warnungen wächst täglich und in gleichem Maße die Unsicherheit. Allein der Aufwand, entsprechende Gegenmaßnahmen zu installieren, würde die Beauftragung eines persönlichen IT-Sicherheitsfachmanns rechtfertigen.
Das digitale Zeitalter bietet viele Vorteile und bis dahin ungeahnten Komfort. Gleichzeitig verlangt es uns auch vieles ab, vor allem aber eine steile Lernkurve. Das Netz ist nicht anonym, es ist ein öffentlicher Raum und dort reifen Missbrauch und kriminelle Machenschaften in rasanter Geschwindigkeit.
Diese Erkenntnis scheint sich sukzessive durchzusetzen. Neben den Sicherheitslücken auf Firmenseite tun die in Salamitaktik ans Tageslicht gelangenden Snowden-Skandale ihr Übriges. Das Thema Datensicherheit rückt in den Fokus.
Unternehmen müssen das in sie gesetzte Vertrauen immer wieder unter Beweis stellen. Nicht nur was Qualität, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz betrifft. Zunehmend werden neben Sicherheitsstandards Mitarbeiter, die mit Daten verantwortungsvoll umgehen, zu Schlüsselfaktoren des Erfolgs. Die Telekom startete jüngst gemeinsam mit den E-Mail-Anbietern GMX und WEB.DE die gemeinsame Sicherheitsinitiative „E-Mail made in Germany". Weitere werden folgen – mit Sicherheit.
Reinhold Würth - Familienunternehmer des Jahres 2015
Premium Schraubenkönig? Natürlich. Aber der Unternehmer ist weit mehr als nur eine Gründerpersönlichkeit. Reinhold Würth weiß, dass Kultur und Bildung Bollwerke unserer Zivilisation sind.
Er hält die Welt zusammen - eine Würdigung von Uli Mayer-Johanssen, erschienen in dem Handelsblattdossier: Menschen des Jahres 2015.
Wie weit Visionen die Menschen begeistern tragen, welche faszinierenden Erfolgsgeschichten sie hervorbringen, das haben in den letzten Jahrzehnten viele deutsche Unternehmerpersönlichkeiten immer wieder unter Beweis gestellt. Visionäre sind unruhige Geister, die sich Problemen stellen, um Lösungen zu entwickeln, die neue Wege gehen, um sich veränderten Rahmenbedingungen zu stellen. Menschen, die sich große Ziele setzen, weil sie von einer Welt träumen, in der sie Nutzen und Sinn stiften können und in der sie für die Gesellschaft einen relevanten Beitrag leisten.
Reinhold Würth ist dies in seinem langen unternehmerischen Leben in ganz besonderem Maße geglückt. Seine Neugierde hat ihn immer wieder dazu veranlasst, Dinge zu hinterfragen und in Frage zu stellen, auch wenn eigentlich alles gut war, wie es war. Seine Neugierde war es wohl auch, die ihn immer wieder in völlig neue Welten aufbrechen ließ. Bei einer Entdeckungsreise durch Palermos Kunst- und Kulturschätze stießen mein Mann und ich vor vielen Jahren ganz überraschend auf den Namen Würth. Staunend standen wir inmitten dieses überwältigenden Kunstwerkes. Dank des großzügigen Engagements Reinhold Würths und seiner Frau Carmen konnten die umfangreichen Restaurierungsarbeiten dieses faszinierenden Zeugnisses byzantinischer Mosaikkunst in der Cappella Palatina finanziert und somit erhalten und bewahrt werden. Diese beglückende Würth-Begegnung ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Was für eine großartige Geste, was für ein beeindruckendes Geschenk.
Reinhold Würth kennt keine Grenzen. Weder das Unternehmen, das mittlerweile in über 80 Ländern vertreten ist, noch das Engagement für Kunst, Kultur, Forschung und Wissenschaft oder für Projekte, die sich um Bildung und Erziehungsfragen drehen.
Meine ersten Erinnerungen an Würth knüpfen sich, zugegebener Maßen, nicht an die mittlerweile omnipräsenten Produkte oder gar Dienstleistungen. Würth trat – sozusagen – erst 1991 mit der Integration seines Museums in das Verwaltungsgebäude im württemberg-fränkischen Künzelsau in mein Leben. Es mag an mir liegen, dass meine Beziehung zu Schrauben, Dübeln und sonstiger handwerklicher Grundausstattung nicht sehr ausgeprägt ist, aber auch in meinem Leben hat die Marke Würth einen festen Platz eingenommen.
Ich kenne kein Unternehmen, welches nicht im Brustton der Überzeugung dieses Mantra – ob Mitarbeiter oder Kunden – wie eine Monstranz vor sich herträgt. Aber Hand aufs Herz, wann trifft dies wirklich zu? Wie oft werden, in Anbetracht zunehmender Globalisierung, Effizienzbestrebungen und sich verschärfender Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen diese wesentlichen Grundpfeiler des Erfolges gerade in schwierigen Zeiten zu Worthülsen. Den Menschen und seine Bedürfnisse ins Zentrum zu stellen, erfordert Haltung und Werteorientierung, braucht Rückgrat. Wie heißt es so schön: Wo das Herz nicht hinreicht, können die Hände nichts ausrichten. Bei allem Pragmatismus und hohenlohescher Sparsamkeit, sind dies Werte, die Reinhold Würth mit seinen unternehmerischen Interessen in beeindruckender Weise zu verbinden wusste, weil es ganz offensichtlich seinen Wertevorstellungen entsprach.
Ob Frankreich, Italien, Norwegen, Spanien, Berlin oder Schwäbisch Hall, der Name Würth repräsentiert wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlichem, kulturellem Engagement in besonderer Weise. Gerade in Zeiten, in denen die Wiege der Menschheit unter Trümmern begraben wird, zeigt sich, dass kulturelle Werte kein Epiphänomen gutbürgerlicher Kreise sind, sondern Kultur und Bildung unabdingbare Voraussetzung dafür, dass junge Menschen den Lockrufen islamistischer Verblendung nicht zum Opfer fallen. Ein Kampf, der weder durch Bomben, noch durch Drohgebärden zu gewinnen ist, ein Kampf, der in Europa nur mittels Bildung und Integration gewonnen werden kann.
In der Berliner Repräsentanz, die unter der umsichtigen wie hohenlohisch unprätentiösen Leitung von Manfred Kurz Politik, Soziales, Wirtschaft, Literatur und Musik zu verbinden weiß, wird seit Jahren unter Beweis gestellt, dass man es Ernst mit dem Einbringen in aktuelle Debatten und Diskurse meint. Auch an diesem Ort wird sichtbar und fühlbar, dass es neben dem Anspruch an die eigene Leistungsfähigkeit und dem hohen Anspruch an die Innovationskraft des Unternehmens auch um kulturelle Werte, um ein sowohl als auch und nicht um ein entweder oder gehen kann und geht. Konstanz, Kontinuität und Qualität sprechen für sich und für Reinhold Würth im Besonderen. „Hinter den Berg und ums Eck zu schauen", dieses Motto verführte ihn gleichwohl nie dazu, seine Wurzeln zu kappen und so führt die Tochter Bettina Würth bereits heute als Vorsitzende des Beirats der Würth-Gruppe die unternehmerische Tradition fort.
Nicht nur Holbeins Madonna, sondern auch bspw. die Kunstkammer Würth sowie der Jahreszeitenzyklus des Briten David Hockney zeigen im Gropiusbau die beeindruckende Fülle großartiger Kunstschätze, die Dank einer Liebe zur Kunst in Berlin zu bestaunen sind.
Lieber Herr Würth: möge Ihre Schaffenskraft und Ihre Neugierde noch lange anhalten. In diesem Sinne: ad multos annos!