Zu Gast im DGCOR-Podcast "Zukunftsimpulse"
Der Club of Rome ist mit der Veröffentlichung „Die Grenzen des Wachstums“ weltweit bekannt geworden. Doch was waren die Gründe und Anliegen des Gründers Aurelio Peccei und seiner Mitstreiter, diesen Club überhaupt erst zu gründen und wie relevant sind diese Gedanken in der heutigen Zeit? Die Deutsche Gesellschaft CLUB OF ROME stellt sich heute die Frage, wie eine positive Idee der Zukunft, eine lebensfördernde Zukunft aussehen und erreicht werden könnte. Bei der Suche nach Antworten behalten die Mitglieder die Anliegen der Gründer des Club of Rome im Blick.
Diesmal war Uli Mayer-Johanssen zu Gast im Podcast „Zukunftsimpulse“ der Deutschen Gesellschaft Club of Rome im Gespräch mit Viktor Neumann.
Zum Reinhören:
Uli Mayer-Johanssen über das öffnen neuer Perspektiven im DDCast
"Design – das ist die Botschaft – nimmt großen Einfluss auf unser Dasein und Zusammenleben. Der Ruf nach grundlegenden Veränderungen unserer planetaren Realität indes wird immer lauter. So weitermachen wie bisher geht nicht und wird uns unweigerlich in die nächste Krise stürzen. Also ist gerade jetzt unsere Kreativität gefragter denn je. Was geht? Was kommt und was können wir BESSER machen. Wie können wir Design neu denken? Dazu präsentiert der DDCast des Deutschen Designer Club jede Woche eine starke Stimme. Sie kommt aus allen Sparten des Design, aus angrenzenden Disziplinen, aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik."
Diesmal war Uli Mayer-Johanssen zu Gast im DDCast im Gespräch mit Prof. Georg-Christof Bertsch und Rainer Gehrisch.
Zum Reinhören:
https://open.spotify.com/episode/7gq3vOnKIBlGbg0sVvGqSO
UMJ im Interview bei m+a Brand New: Expodesign & Eventkonzept
Wie wollen wir in Zukunft leben, wohnen, arbeiten, kommunizieren, uns fortbewegen und mit unseren Ressourcen umgehen?
Was sind die individuellen und gesellschaftlichen Themenfelder von morgen?
Wie lassen sich Räume für eine visionäre Zukunft öffnen? Wie sieht die Zukunft aus, an die wir uns im Jahr 2038 erinnern wollen?
Wann kommt der Zeitpunkt, an dem die Dinge, wie wir sie heute kennen, nicht mehr funktionieren – und was sind die Alternativen?
Die fünfte Edition von Brand New, dem Magazin für dreidimensionale Markenkommunikation widmet sich dem Thema Zukunft – dem großen Bereich der Utopien und Visionen und der großen Bedeutung diese zu verfolgen. Im Kapitel „Zukunft verstehen“ wird auf Spurensuche gegangen und beleuchtet, was einer erstrebenswerten Zukunft zugrunde liegen sollte: interdisziplinäre Allianzen, neue Mentalitäten, wahre Menschlichkeit und innovative Möglichkeiten für die kreative Bildung von Räumen, in denen unmittelbar mit der Zukunft gearbeitet werden kann – alles Merkmale, die keine künstliche Intelligenz je erlernen könnte. Wie die Markenführung der Zukunft aussehen kann, beleuchtet das Kapitel „Zukunft machen“: In einer aktuellen Umfrage kommen zukunftsorientierte Unternehmer zu Wort und geben zudem Tipps, um den eigenen Weg in der vernetzten Wirtschaft zu finden, so auch Uli Mayer-Johanssen. Ihr Interview in dem Magazin kann hier nachgelesen werden. Schließlich und endlich hilft das dritte Kapitel „Zukunft gestalten“ neue Partnerschaften für die zukünftige Kommunikation der eigenen Marke zu finden.
LUST AUF GUT: Ein Artikel mit Uli Mayer-Johanssen
LUST AUF GUT ist ein erfolgreiches Qualitätsmagazin, welches in 20 Städten und Regionen erscheint. Es bietet eine Netzwerk-Plattform für eine anspruchsvolle Zielgruppe, die „Gutes schaffen und das Gute schätzen“.
In der Sommerausgabe, die am 26.7.2018 ihre Preview in Berlin hatte, ist von Uli Mayer-Johanssen ein Artikel zu finden, in der sie über eine positive Gestaltung der Zukunft spricht. Das Interview ist nach Veröffentlichung ebenfalls hier zu finden.
→ Mehr zu LUST AUF GUT
Welche Werte haben besondere Bedeutung und wie kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich am Markt agieren?
»Für mich stehen derzeit zwei Werte im Vordergrund: Verantwortung und Mut zur Veränderung sind Haltungen, die ich als wertvoll erachte. Ich glaube, wir spüren alle, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann und wir uns die Frage stellen müssen, wie unsere Zukunft aussehen soll und was wir dafür tun können.«
Die Wertekommission ist eine Initiative für Führungskräfte in Deutschland, die es sich zum Ziel gemacht hat, über alle Hierarchien hinweg dafür ein Bewusstsein zu schaffen, dass Werte Wert schaffen. Sie will alle Interessierten dazu ermutigen, in ihrem Unternehmen Werte wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu leben.
→ Das ganze Interview auf Wertekommission.de
"Wo, wenn nicht hier! Wann, wenn nicht jetzt! Wer, wenn nicht wir!" - Ein Gespräch mit Uli Mayer-Johanssen
Die Sonne strahlt durch die Fenster im ersten Stock des Wintergarten-Gebäudes. In den frisch renovierten Räumen der Firma Traffic sind zwei Räume von der Uli Mayer-Johanssen GmbH belegt. Sie selber sitzt neben einem Strauß Rosen, buntes Zeugnis eines Überraschungsbesuches der ehemaligen Kollegen aus der inzwischen fernen Leibnizstraße.
Seit dem 27. Juli ist das Büro Deiner neuen Firma in der Potsdamer Straße unweit der Alten Potsdamer Straße, wo im Weinhaus Hut vor nunmehr 27 Jahren Deine Geschichte mit MetaDesign begann. Wie fühlt es sich an, gerade hier einen Neustart zu beginnen?
(lacht) . . . Irgendwie vertraut und ein wenig so, als würde ich zu den Wurzeln zurückkehren. Luftlinie sind es ja gerade mal 500 Meter. Der Potsdamer Platz sah damals noch sehr anders aus. Das Weinhaus Huth war das einzige Gebäude, das den Krieg und die Teilung überstanden hatte. Der Grenzübergang war offen, gefallen war die Mauer noch nicht. Das Klopfen der Mauerspechte war Tag und Nacht zu hören. Journalisten und Touristen aus aller Welt versammelten sich von Morgens bis Abends sozusagen vor unserer Tür. Beim Wall-Konzert hatten wir natürlich einen Logenplatz. Wie wir trotz des ganzen Trubels unsere Arbeit machen und gleichzeitig wachsen konnten, ist mir bis heute ein Rätsel.
Im August 1990 entschieden wir uns einen neuen Ort zu suchen, denn es war klar, der Potsdamer Platz wird zur Großbaustelle… ja und jetzt wieder hier! Am neuen Hot-Spot Berlins! Einem hochspannenden, quicklebendigen und kreativen Kiez. Das passt genau zu dem, was mich jetzt bewegt: Dank der vielfältigen Erfahrung sich mit Themen auseinanderzusetzen, die letzten Endes beschreiben, wie wir zukünftig leben wollen. Und ähnlich wie damals stellt sich ein Gefühl ein: Wo, wenn nicht hier! Wann, wenn nicht jetzt! Wer, wenn nicht wir!
Von den Gefühlen zu den Fakten. MetaDesign hast Du stark geprägt und umgekehrt – immerhin fast Dein halbes Leben. Welche Erkenntnisse hast Du aus der Zeit mitgenommen? Was folgt daraus für Dich hier und jetzt? Oder vereinfacht und überspitzt gefragt: Was kann man nach „MetaDesign“ überhaupt noch machen?
Ich habe MetaDesign immer als eine Lernstätte verstanden. Ich glaube, das war mir am allerwichtigsten. Und jetzt stellt sich die Frage wie man das, was aus Leidenschaft, Neugierde und Kompetenz gewachsen ist, erweitern kann: Diese großartigen Grundlagen wie Visionsprozesse, Transformationsprozesse, die Arbeit mit Führungskräften. Dabei die Menschen auf den Weg mitnehmen, Türen und Vorstellungsräume öffnen und Begeisterung für etwas wecken. Die strategische Dimension dieser immensen Gestaltungskraft über die Idee, die Vorstellung einer Zukunft, und nicht zuletzt über ein Narrativ verständlich zu machen, das ist mir ein großes Anliegen; auch in meinen Vorträgen, Seminaren in Hochschulen und auf Kongressen.
Nun stellen wir fest, dass die Problematik größer und komplexer wurde. Auch weil der Markt sich dramatisch verändert und damit ein immenser Druck auf den Führungskräften lastet, bleiben die Effizienzkriterien, die treibenden Elemente. Der Focus liegt nach wie vor auf schneller, einfacher, billiger. Viele Führungskräfte tun sich sehr schwer damit, dieses Denken bei Seite zu schieben und zu sagen, „ok! Alles wichtig, aber wir müssen uns parallel um die Frage kümmern, wie wir die Zukunft, unsere Zukunft gestalten wollen“.
Auf Deiner Visitenkarte und auf dem Briefbogen steht „Identitätsbasierte Unternehmens- und Markenführung“. In Deinen Vorträgen sprichst Du von „Markenführung aus der Philosophie der Ganzheit“. Das klingt wie eine Mischung aus Betriebswirtschaft, Philosophie und Esoterik. Wie würdest Du Deinen Denkansatz beschreiben?
Ganz sicher hat er viel mit Philosophie und betriebswirtschaftlicher Realität zu tun, aber rein gar nichts mit Esoterik. Mit den Vorstellungen wie wir Zukunft gestalten, ist einiges an Schindluder getrieben worden. Ich setze mich seit über 15 Jahren mit der Lehre der Metaphysik auseinander. Wenn wir aus dieser Perspektive hinterfragen, was Unternehmen sind, wie sie entstehen und was ihnen hilft, bestimmte Dinge zu realisieren, dann müssen wir erkennen, dass die nötigen Veränderungen beim Menschen anfangen. Und dass insbesondere Führungskräfte hierbei eine zentrale Verantwortung haben.
Sie müssen Werte und Sinnhaftigkeit vermitteln. Dabei geht es heute nicht mehr darum Sanktionsmacht auszuüben, sondern darum eine integrative Kraft zu sein. Menschen brauchen das Gefühl, dass sie am richtigen Ort sind, dass sie ihre Potentiale und Fähigkeiten einbringen und entwickeln können. Ansonsten blockiert das Unternehmen sich selbst, unabhängig von Idee oder Strategie.
Du hast ein interdisziplinäres Team um dich versammelt, Naturwissenschaftler, Ökonomen, Journalisten, Designer, und plädierst für ein dringendes Umdenken: weg vom ressourcenverschlingenden hin zum ressourcenerhaltenden Wirtschaften. Wo siehst Du da konkrete Handlungsansätze für Dich und das Team?
Da muss man ein bisschen ausholen: Seit vielen Jahren bin ich davon überzeugt, dass Teams immer stärker interdisziplinär aufgestellt sein müssen. Wir müssen Kompetenzgrenzen überwinden und Silodenken beenden, um letzten Endes mit einem ganzheitlichen Blick synergetische Prozesse in ihren Wirkungsdimensionen zu verstehen und dementsprechend umzusetzen. Eines Tages saß Prof. Dr. Michael Braungart vor mir und ich muss gestehen, nach zwei Stunden hat mich sein Thema „cradle to cradle“ total fasziniert: also die Idee einer gesunden ressourcenerhaltenden Kreislaufwirtschaft, die positives qualitatives Wachstum zum Ziel hat und das Gegenteil von Verzichten, Vermeiden und Verringern darstellt. Und dies auf rein wissenschaftlicher Basis, ohne Dogmatik, Ideologie und jenseits politischer Ausrichtung, Religion, oder Apellen an die Moral.
Die Frage geht im Kern darum, ob etwas positiv oder negativ wirksam ist. Wir müssen die kognitive Dissonanz überwinden, auf der einen Seite zu sehen, dass wir so nicht weiter machen können und auf der anderen Seite schlicht genau dies ignorieren. Wir müssen das Wissen, das uns zur Verfügung steht, in Unternehmen, Wirtschaft, Industrie, und in das öffentliche Bewusstsein transferieren und deutlich machen, dass es Lösungen gibt.
In vielen Gesprächen mit Menschen, die sich mit dieser Thematik aus unterschiedlichsten Perspektiven befasst haben, wurde deutlich, dass die Kommunikation ein zentrales Problem darstellt. Und so landen wir letzten Endes bei Faktoren wie Kommunikationskompetenz und der Fähigkeit komplexe Sachverhalte einfach und klar zu kommunizieren. Die Wissenschaft kennt viele Antworten für Probleme, vor denen wir – die Menschheit als Ganzes gerade stehen. Diese Lösungsansätze müssen schleunigst kompetent, einfach und attraktiv kommuniziert werden.
Kann man das als Deine Vision für die Uli-Mayer-Johanssen GmbH bezeichnen?
In gewisser Weise zielt „Identitätsbasierte Unternehmens- und Markenführung“ bereits in diese Richtung. Konkret wird es auf den gerade skizzierten Handlungsfeldern. Dafür bin ich mittlerweile zu etwas wie einer Triebfeder geworden und so konnte ich in den letzten Monaten ein Kernteam um mich versammeln.
Mir wurde immer klarer, dass alles viel wirksamer wird, und vielleicht sogar „der“ Schlüssel ist, wenn beide Dimensionen miteinander in Verbindung gebracht werden: wissenschaftlich erarbeitete Lösungen, um Materialgesundheit und qualitative Recyclierbarkeit zu gewährleisten, wobei Kriterien wie Wassermanagement, erneuerbare Energien und Soziales zentrale Faktoren sind, und diese Grundhaltung und Überzeugung auch in der Vision, der Identität und in der Idee von der Zukunft eines Unternehmens verankert ist und wirksam wird.
Die Mitarbeiter des Unternehmens – und zwar alle – müssen verstehen, warum, wie und was das Unternehmen tut. Dann ist die Wirkungskette um ein vielfaches größer als nur mit der Entwicklungsabteilung ein im herkömmlichen Sinne „nachhaltiges“ Produkt zu entwickeln, und das dann in den Markt zu bringen, und zu sagen, jetzt müssen wir noch eine halbwegs verständliche Kommunikation basteln. Selbst das wird nicht gelingen, weil im Unternehmen dieses eine Produkt andere Produkte gleichzeitig in Frage stellt. Das heißt jetzt nicht, dass das ganze Unternehmen die Schulbank drücken muss, aber die Führungsetage ist gefordert: Wenn die Führungsmannschaft versteht, wie eine neue Ausrichtung des Unternehmens aussieht, ohne die betriebswirtschaftliche Stabilität zu gefährden, und dieses auch als Wettbewerbsvorteil erkennt, setzen sie im Unternehmen ungeahnte Kräfte frei. Und die Botschaft in den Markt kann glaubwürdig sein: Wir machen uns auf den Weg, um sukzessiv unsere Produkte in diesem Sinne zu entwickeln.
Im Unternehmen wird im Idealfall eine vorhandene Identität verstärkt, bekommt eine höhere Wertigkeit durch die Neuorientierung hin zu dem von Dir beschriebenen Aspekten die jetzt in Produktion, Vermarktung und Verkauf mit hineinwirken. Wird so die Identität eines Unternehmens beziehungsweise einer Marke aufgewertet?
Ja, das ist eine zentrale Wirkungskette, die dann in Gang kommt. Das hat etwas mit Imagefaktoren zu tun, damit, wie sich ein Unternehmen positioniert, wie es gesehen wird und welche Bindungskraft es intern wie extern entwickelt. In diesem Kontext sind gesamtgesellschaftliche Entwicklungen ausgesprochen wichtig. Wie verändern sich Haltungen, Erwartungen, Bedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen. Das Pendel schlägt gerade extrem in Richtung Quantität, Effizienz und Kosten aus, also „schneller, höher, weiter“. Das geht meist zu Lasten der Qualität, der emotionalen Bindung, wonach sich allerdings die Menschen immer stärker sehnen. Der sichtbare Pendelausschlag in die eine Richtung erzeugt unterbewusst einen Sog in die andere nicht sichtbare aber fühlbare Richtung. Und genau da liegen meiner Meinung nach die Entwicklungsräume der Zukunft.
Ich glaube, Deutschland könnte, was das betrifft, zum Vorreiter werden. Die Unternehmen müssen sich jetzt auf den Weg machen. Es geht darum, die Sehnsucht der Menschen zu erkennen und zentrale Bedürfnisse wie z.B.: Die Liebe zur Natur und das wachsende Bewusstsein für Gesundheit als Innovationstreiber zu nutzen und mit wissenschaftlicher Expertise Lösungen für die Probleme entwickeln, vor denen wir als Gesellschaft weltweit stehen.
Eine zentrale Frage lautet dabei: Wie können wir Investitionsprozesse anregen, die Innovations- und Veränderungsprozesse in diese Richtung ermöglichen? Denn wir sehen ja, wie ganze Branchen gerade unter Druck geraten, wenn nicht gar vom Aussterben bedroht sind: Unter anderen die Textil-, Leder-, Papier-, Druck-, und die Farbindustrie, um nur einige Branchen zu nennen. Unzählige Produktionsstätten wurden und werden in Billiglohnländer verlagert. Wir alle kennen Beispiele, wie die Textilfabriken in Bangladesch, die in keinster Weise auf Gesundheit von Mensch und Material achten. Wir können die Dinge nicht mehr nur nach dem Effizienzprinzip betrachten. Wohin mit all dem Giftstoffen und dem Abfall, der zum Sondermüll geworden ist? Von der sozialen Frage einmal ganz abgesehen.
Kurz zusammengefasst: Die Marke soll also mit in die Verantwortung genommen werden, sorgsam mit den Dingen die uns gegeben sind umzugehen?
So könnte man es formulieren. Ganz grundsätzlich wäre es ein immenser Gewinn, wenn Marke als Innovations- und Investitionstreiber sinnstiftend eingesetzt werden würde. Und in diesem Sinne in zentralen Fragestellungen entscheidungsfähig macht und Orientierung bietet. Insbesondere in der Frage, ob geplante Innovationen zum Zukunftsbild des Unternehmens passen, oder eben nicht. Und somit im Sinne des Ganzen strategisch wirksam wird. Denn es geht nicht um „Verzichten, Vermeiden, Verringern“, es geht um künftiges positives Wachstum.
Die Fragen stellte Guido Neubert
Interview mit Uli Mayer-Johanssen zum Wettbewerb GUTE GESTALTUNG 2016 des ddc
Steht das Corporate Design eines Unternehmens einer nicht zu bewältigenden multidisziplinären Komplexität gegenüber?
Es entspricht jedenfalls dem Naturgesetz, dass Überlebensfähigkeit unmittelbar an die Zunahme von Komplexität gekoppelt ist. Da wir uns in einem immens dynamischen Umfeld befinden, führt dies zwangläufig zu neuen Herausforderungen. Insofern ist es wichtig, sich die Frage zu stellen, ob Corporate Design im herkömmlichen Sinne der Aufgabenstellung noch gerecht wird. Dennoch braucht es nach wie vor Konstanten, die Wiedererkennung gewährleisten und gleichzeitig den Rahmen für vielfältige Anwendungsbereiche bieten. Und man muss erkennen, dass es neue Formen der Steuerung braucht, um dem Ganzen noch gerecht zu werden. Neben einer Vielzahl weiterer Kompetenzen, die es mittlerweile zur Bewältigung der Kommunikationsaufgaben braucht, müssen wir uns grundsätzlich mit dem Thema Corporate Design und Marke auseinandersetzen. Wie so oft werden Begriffe überfrachtet, bis sie völlig unscharf sind und dadurch im Prinzip ihren Aussagegehalt verlieren. Sehr häufig werden Corporate Design und Marke primär auf Logo und Kampagne reduziert und damit leider völlig falsch verstanden.
Die klassische Definition ist also Geschichte.
Es sieht jedenfalls ganz so aus. ...
Uli Mayer-Johanssen in dem preisgekrönten TV-Experiment 24h Berlin – Ein Tag im Leben von Volker Heise.
Auszug aus 24h Berlin – Ein Tag im Leben. Menschen, Geschichten, Wirklichkeit. 24 Stunden – so wie sie sind. (2009)
Die Markenmacherin
Ohne Uli Mayer-Johannssen wäre die Dachmarke Südtirol nicht das geworden, was sie heute ist.
Was war die besondere Herausforderung bei der Entwicklung der Dachmarke für Südtirol?
Nicht ganz einfach war es, die verschiedenen Aspekte und Aufgaben von Tourismus, Milch-, Speck-, Apfel- und Weinwirtschaft unter einen Hut zu bringen. Es existieren z. B. keine gemeinsamen Qualitätskriterien für diese ebenso komplexen wie heterogenen Branchen und Bereiche. Folglich stand die Frage nach den gemeinsamen Interessen und den sich daraus ableitenden Prüf- und Qualitätskriterien an erster Stelle. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass die Verantwortlichen aus sehr unterschiedlichen Bereichen kommen und strategische Fragen in der Markenarbeit häufig nur am Rande eine Rolle spielen grundsätzlich eine Besonderheit in Dachmarkenprozessen.
Würden Sie heute alles noch einmal so machen wie vor 10 Jahren?
Was den Gesamtprozess und die einzelnen Entwicklungsschritte betrifft, sehe ich auch heute keinen besseren Weg. Der nachhaltige Erfolg und die hohe Attraktivität der Dachmarke zeigen, dass vieles richtig gemacht worden ist. In kürzester Zeit haben sich annähernd alle Tourismusverbände, Produzenten und darüber hinaus viele Hersteller dem Prozess angeschlossen und die Marke als Qualitätsnachweis genutzt. Meiner Meinung nach geht es insbesondere darum, ein gemeinsames Vorstellungsbild von der Zukunft, eine Vision zu entwickeln. Es geht auch um die Frage, was die im Allgemeinen in Konkurrenz zueinander stehenden Destinationen, Hersteller und Produzenten dazu bewegen könnte, Kräfte zu bündeln, Synergien zu schaffen und letzten Endes die eigenen Interessen zum Vorteil aller in den Hintergrund zu stellen. Ziel muss es sein, gemeinsam einen Mehrwert zu schaffen, der nicht nur dem Einzelnen, sondern der gesamten Region zugutekommt und darüber hinaus Südtirol in seiner Einzigartigkeit bewahrt und stärkt.
Ist eine komplexe Angelegenheit wie eine Destination überhaupt in das strikte Regelwerk einer Marke zu fassen?
Eindeutig ja. Wichtig ist das Herausarbeiten des Gemeinsamen und der Konstanten, um Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten und um Marken strategisch und zielgerichtet zu steuern. Gleichzeitig müssen die Variablen klar sein, um medienadäquate Spielräume nutzen zu können und technischen wie kanal- und medienspezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Die digitalen Kanäle, ob soziale Netzwerke oder Dienstleistungsangebote im Netz, stellen uns vor völlig neue Herausforderungen. Es ist sogar inhaltlich und thematisch wesentlich anspruchsvoller geworden, Profil und Auftritt einer Marke in allen Dimensionen zu steuern und gleichzeitig dialogfähig zu sein und die Gesamtwirkung aller Aktivitäten im Blick zu behalten.
Muss man eine Destination mögen, um dafür die passende Marke zu entwickeln?
Gute Frage! In meinem Fall bestand und besteht nachgerade ein Liebesverhältnis zu Südtirol. Gerade dann muss man aber einen wachen Blick dafür haben, wo Schwierigkeiten und Probleme liegen und was die Markteintrittshürden sind. Dies ist auch ein Grund, warum Regionbrandingprozesse nicht nur von innen heraus entwickelt werden können. Neben aller Fachkompetenz braucht es vor allem aber Verantwortliche in der Region, die sich ebenso fachkundig wie leidenschaftlich für die Sache einsetzen und politischen wie wirtschaftlichen Sachverstand einbringen.
Verändert eine Marke mit der Zeit auch das Produkt?
Da es im Wesentlichen darum geht, die Stärken einer Region, seiner Produkte und Dienstleistungen zu bewahren und gleichzeitig qualitative Wachstumsprozesse zu initialisieren, müssen aus der Marke Erneuerungsprozesse erfolgen. Sie geben mit der Marke ein Versprechen (auch wenn kein Qualitätssiegel existiert).
Dieses Versprechen sollten sie tunlichst einlösen, denn Enttäuschungen können mittel- bis langfristig zu einer gefährlichen Melange für die gesamte Region werden, siehe Volkswagen. Marken haben viel mit Verantwortung, Haltung, Werten und Selbstverständnis zu tun. Sie gestalten Zukunft und die Menschen in der Region müssen das Versprechen in ihr Leben und Handeln übertragen und sich dafür einsetzen und begeistern.
Gibt es in der heutigen schnellen Zeit noch so etwas wie Markentreue?
Auf einer bestimmten Ebene erodiert Markentreue in gewisser Weise. Unternehmen wie Marken stehen vor gewaltigen Herausforderungen, wenn es um Kundenbindung, sprich die Treue zur Marke geht. Die steigende Zahl der Medien sowie die zunehmende Komplexität erfordern immer mehr Know-how im Umgang mit Inhalten und Kanälen. Auf der anderen Seite wird Marke als Orientierungs-, Entscheidungs- und Qualitätsgarant immer wichtiger, um in einer überbordenden Flut an Informationen und Optionen überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
Interview zu 10 Jahre Dachmarke im Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol II 2015
Text: Andreas Tschurtschenthaler